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Wenn ja, dann erzähl’ mir bitte, wie sich das anfühlt. Ich hab das nämlich noch nie gespüüüürt und bin wahrscheinlich sowieso viel zu wenig sensiiiiiiibel für all die zeitgeistigen Emotionen. Und zu denen gehört Empörung unzweifelhaft. Denn ich lese dauernd von Empörten, die von anderen Empörten berichten. Und ich beobachte natürlich auch live, wie Zweibeiner ihrer Empörung Ausdruck verleihen – und muss dann immer grinsen, was die Empörung nur noch zu steigern scheint. Dabei kann ich mich des Eindrucks einfach nicht erwehren, dass dieses mir unbekannte Gefühl von den meisten – mit mehr oder weniger schauspielerischem Talent – nur vorgespielt wird. Gut möglich, dass es echte Empörung gibt, aber dann ist sie – so vermute ich – noch eine Portion lächerlicher als die vorgetäuschte. Oder habt ihr schon mal echte Empörung selbst erlebt, von der ihr auch im Nachhinein oder sogar lebenslänglich findet, dass das genau die richtige Reaktion auf irgendwas Wahrgenommenes war, und die euch in eurer Entwicklung in Richtung Weisheit oder Homo 2.0 weitergebracht hat?

Wenn jemand Murmur nicht schnucklig findet – vielleicht könnte ich dann lernen, mich über den zu empören?

Mein Freund Max wandte ein, die meisten zur Schau gestellten Gefühle seien mehr oder minder lächerlich. Ich verwies auf meine Murmur, die beim Klang ihres Namens so heftig mit dem Schwanz wedelte, dass es sie fast von den Beinen riss, und fand diese Gefühlsregung einfach nur knuddlig-süss-zum-Fressen-schnucklig. Max seufzte und beschränkte die Lächerlichkeit mir zuliebe auf die Menschen, worauf Fritjof noch einen draufsetzte und behauptete, das Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Tier sei genau dies: die Lächerlichkeit. Menschen seien grundsätzlich lächerlich, Tiere nie.

Jetzt habt ihr die Wahl, ob ihr diese doch leicht übertrieben klingende Behauptung nun lächerlich finden oder euch darüber empören wollt. Falls ihr Letzteres wählt, bitte erzählt mir davon. Gibt euch das sowas wie einen Lust-Kick? Vielleicht sowas wie unsere entfernte Tante Dörte in den Augen hatte, wenn sie zu Besuch kam und einen Blick in mein Zimmer warf, das eigentlich fast nur aus einem riesigen Terrarium bestand mit Salamandern, Molchen, Rot- und Gelbbauchunken, verschiedensten Kröten, Fröschen und ‘Hüüslischnägge’ – daneben alle möglichen Würmer, Maden, Fliegen in Behältern zur Fütterung der Belegschaft; dies alles, weil ich damals noch keine Hunde oder gar Pferde haben durfte.

Huiii ein Feuersalamander – fehlen nur noch chinesische Fledermäuse! Nix für Tante Dörte

Die Art, wie Tante Dörte auf empört machte und meine Mutter schimpfte wegen der ‘mangelnden Hygiene’, schien ihr irgendwie ein lustvolles Überlegenheitsgefühl zu geben, das kurz in ihren sonst reichlich frostfrustigen Augen aufblitzte. Ist es das, was alle die beflügelt, die uns täglich kopfschüttelnd und schmallippig belehren, was wir nicht essen, wie wir nicht wohnen, wie wir uns nicht fortbewegen, was wir nicht sagen, nicht lesen, nicht lernen, wie wir überhaupt nicht leben, nicht denken, nicht fühlen dürfen, und worüber wir nicht lachen sollen? Aber Lachverbot hatte bei mir immer schon die gegenteilige Wirkung: Je empörter mein Gegenüber, desto weniger konnte und kann ich das Pfnuchsen und Lachen unterdrücken. Ich glaube, ich habe noch nie einem Empörten wirklich zugehört. Hab ich echt was verpasst? Logo weiss ich nicht, wie sich das anfühlt. Die Quittung krieg ich jetzt: Es ist mir armem Cheib nun auch unmöglich, mich herzhaft und mit Lust-Kick über die Empörten zu empören… Und mein Gelächter kommt vor allem bei den so arg ernsthaft bemühten zweibeinigen Welt- und Menschheitsrettern einfach nicht gut an. Also bitte helft mir! Vielleicht eine Selbsthilfegruppe für ‚Empörungslernwillige‘?

Attacke auf Fritjofs These: diese Schildkröte sieht täuschend ähnlich empört aus wie Tante Dörte

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