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(aus der Serie: Dümmste Sätze der Weltgeschichte)

Der Titelsatz gehört eindeutig – so finden zumindest die Ritter von der Tafelrunde – zu den Anwärtern auf einen Spitzenplatz, denn auch wenn er von irgendeinem sich wahnsinnig wichtig fühlenden Zeitgenossen unter Aufbietung von allem ihm zur Verfügung stehenden Pathos und mit dem larmoyantesten Weltuntergangsgesicht geäussert wird, so trieft er doch von unüberbietbarer Banalität. Die Welt war noch nie und wird auch nie nicht einmal für eine Nanosekunde ‘dieselbe’ sein. Der seit dem Urknall zu beobachtende permanente Wandel zählt zu den Erkenntnissen mit sehr hohem Wahrscheinlichkeitsgehalt. – Trotzdem ist der lächerlich doofe Titelsatz dank Corona, Klima und Ukraine wieder einmal heiss in Mode und wird von Untergangspropheten jedweder Couleur mithilfe der Einfacheren unter den Medienschaffenden, also fast allen, emsig in die Massen posaunt.

Dahinter steckt das unstillbare Wichtigkeitsbedürfnis der gerade lebenden Einzelfiguren und Kollektive. Je bedeutungsloser ein Zweibeiner oder eine Gruppe, desto drängender das Bedürfnis, wenigstens in einer bedeutenden Zeit zu leben – und was wäre bedeutender als die Endzeit oder wenigstens die letzte Wende zum Untergang. Dabei sein, wenn das Leben von unserem Planeten verschwindet, wenn die gute Mutter Erde ins Klimakterium kommt, unfruchtbar wird oder – noch schöner – in alle Einzelteile zerfällt, nein: verglüht. Solche Visionen scheinen die Dabeiseienden irgendwie zu erhöhen, zu adeln als ‘die Letzten’, die sich noch mit allen Tönen gegen den sicheren Untergang, gegen die Wende zum Abgrund gewehrt haben. Da werden aus pickligen, geistig bescheidenen Nachwüchslern doch noch kurzfristig geschichtsträchtige Helden der Apokalypse. – Peinlich und keinesfalls erwähnbar ist nur, dass es dieses Untergangsgejohle schon unzählige Male gab in der überblickbaren Geschichte der nackten Äfflein. Ich wage sogar die steile These, dass dieses nach Bedeutung und Überhöhung der eigenen Zeit, der eigenen Zeitgenossenschaft, dieses Weltuntergangsgefasel zum verlässlichen Unterscheidungskriterium taugt zwischen den Menschlein und dem grossen Rest der belebten Natur auf unserem Planeten. Ich sage nicht ‘und dem Universum’, da ja nicht auszuschliessen ist, dass es in irgendeiner Ecke ähnlich lächerliche Wesen gibt wie hienieden, die ständig glauben, sie seien ‘die Letzten’.

Kein Witz: im deutsch-österreichischen Raum (die legendäre ‘German Angst’ lässt grüssen) gibt es eine Aktionsgruppe ‘Letzte Generation’, die mit tödlichem (nicht metaphorisch gemeintem) Ernst und hoher krimineller Energie die Regierungen zwingen will, diktatorische Massnahmen gegen die Klimaerwärmung durchzusetzen, weil sie sonst eben die ‘letzte Generation’ vor dem Verglühen des Erdballs seien. Also so richtig echte, gewaltbereite Fanatiker, wie wir sie sonst eher bei den Islamisten verorten. – Natürlich hat das immer auch irgendwie etwas Rührendes, ja fast Herziges, wenn sich die Kinder so verbeissen in etwas, seien das Sandburgen, Lego-Grossbetriebe oder Transporte mit Plastiktraktoren. Ungemütlich wird es erst, wenn man – wie auch hierzulande geschehen – die Kinder und solche, die es geblieben sind, an die Schaltstellen der Macht setzt, sie ins Parlament wählt oder zu Ministern macht. Die Schweiz wird zurzeit von einem emotional gesteuerten Kleinkind präsidiert; wie gesagt: herzig, aber doch leicht übertrieben, denn Kids, das wissen alle Eltern, machen auch gern vieles kaputt, deshalb sollten es ja Spielsachen sein, deren Verlust nicht allzu sehr ins Gewicht fällt.

Ich schlage deshalb den ‘Verkehrsschulgärten’ nachempfundene, geschützte ‘Polit-Werkstätten für Möchtemächtegernlis’ oder – noch besser – autonome, hoch eingezäunte Rummelrammelplätze für die Kleinen und kindlich Gebliebenen vor, mit grossen Tafeln ‘Erwachsene kein Zutritt!’, wo die Kinderleins möglichst alles tun dürfen, wo letzte und allerletzte Generatiönlis mit Wasser- und Chäpslipistolen, Knallfröschen, Nonnenfürzen und sirupgefüllten Molotöfflis einander den nicht ganz garen Garaus machen dürfen. Vielleicht hülfe schon ein ganz eigenes, ihnen vorbehaltenes Quarknet, statt Darknet, mit der totalsten ‘Feierwooll’, wo die in der Wolle Gefärbten sich feiern können nach Frust und Laune. Ein eigenes Fratzebook für die Letzten, und Schitter statt Twitter, auf dass es kracht. Und die ganz basalen Mainstreammedien dürfen mit rein und berichten von den letzten Schlachten vor dem Wärmetod – ein Heidenspass, bei dem auch kollektive Sprünge über die Kante des Camps erlaubt sein müssen – kommt ja eh nicht mehr so drauf an, wenn man schon die letzte Generation ist. Freude herrscht, ämel bei mir!    

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