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oder

«Nüd z’vill a eim Huuffe»

Macht macht Spass und ist tatsächlich etwas Wunderschönes, wenn man sie über sich selbst hat. Wenn man z.B. einer Sprache, eines Handwerks, einer Kunst ‘mächtig ist’. Wenn wir irgendwas gut können, gibt uns dies ein befriedigendes Gefühl von legitimer, selbst erworbener Macht. Delikat wird es erst, wenn man mit seinem Können direkt oder indirekt andere schädigt. Direkte schädigende Machtanmassung wäre z.B. die Anwendung seines Könnens im Umgang mit Messern für das Durchschneiden menschlicher Kehlen, wie es unter islamistischen Terroristen beliebt ist. Indirekte schädigende Machtanmassung wäre z.B. die Zerstörung unzähliger KMU durch Stilllegungn grosser Teile der Privatwirtschaft oder die Aufgabe jahrhundertealter Verfassungsgrundsätze wie der Neutralität unter Rückgriff auf Notrecht, ohne dass eine echte Notsituation vorliegt. Zur Eindämmung ausufernder Machtkonzentration, die immer dieses Potenzial in sich trägt, andere massiv zu schädigen, wurden unzählige Instrumente der Machtkontrolle erfunden, ausprobiert, installiert, weiterentwickelt und immer wieder geändert. Dabei entspann und entspinnt sich ein in der Struktur immer wieder ähnliches, nachvollziehbares Seilziehen zwischen denen, die möglichst viel Macht konzentrieren wollen, um effizient und innert nützlicher Frist Wichtiges oder gar Grosses leisten zu können, z.B. eine Fussball-WM zu organisieren, eine Tierpopulation vor einem Herpes-Virus zu schützen etc. – und jenen, die in jeder noch so geringen unkontrollierten Machtkonzentration stets die Gefahr des Missbrauchs wittern.

In der Privatwirtschaft ist das bekannteste Strukturinstrument der Machtsplittung die im Gesellschaftsrecht ausgeprägte Teilung der Unternehmensführung in die Geschäftsleitungsebene und die Verwaltungsratsebene. Die Geschäftsleitung führt konkret an der Front das Unternehmen. Der Verwaltungsrat gibt die strategische Ausrichtung des Unternehmens vor und kontrolliert, ob die Geschäftsleitung diese Vorgaben einhält. Dazu kommen zumindest bei der AG die eigentlichen Eigentümer, die Aktionäre, die bei einer Publikumsgesellschaft meist nur eins anstreben: wachsende Rendite. Selbstverständlich wird auch diese durchaus brauchbare Grundstruktur von Machthungrigen immer wieder ausgetrickst, indem sie z.B. die beiden Posten des CEO und des VRP in Personalunion gleich beide besetzen, oder indem sie über Strohmann-Aktienkäufe ein ‘unfriendly take-over’ einleiten und damit die Macht über das Unternehmen an sich reissen können.

Auf politischer Ebene ist es die Gewaltentrennung der direkten Demokratie, die das Problem zu grosser Machtkonzentration m.E. am nachhaltigsten löst. Die wichtigsten Entscheide fällt der Souverän, das Volk. Darunter arbeitet die Legislative, das vom Souverän bestellte Parlament, das  Regeln aufstellt, die die Exekutive, bei uns der Bundesrat mit seinem riesigen Beamtenapparat, umsetzt. Der Souverän hat aber immer die Möglichkeit, die Legislative und die Exekutive zurückzupfeifen und die Regeln über das Mittel der Volksabstimmungen wieder zu ändern. Die Judikative, also die mehrstufigen Gerichte, sind  im Idealfall völlig unabhängig von Exekutive und Legislative. Vor ihr sind Bundesräte und Sozialhilfeempfänger gleich. Hier hapert es natürlich ganz gewaltig. Abschreckendes Beispiel ist Deutschland, wo die Kanzlerin einen brav-treuen Spezi aus ihrem persönlichen Umfeld als Präsidenten des Verfassungsgerichts eingesetzt hat. Auch in den USA ist die Judikative stark ‘politisiert’, d.h. die den Präsidenten stellende Partei versucht mit allen Mitteln, ‘ihre Leute’ in den Gerichten zu platzieren. Als sogenannte vierte – in meiner Zählweise mit dem Souverän als eigenständiger und wichtigster Gewalt sogar als fünfte Gewalt werden die Medien gesehen, sofern sie unabhängig sind. Ihre Aufgabe wäre es, alle anderen Gewalten schonungslos und ohne Ansehen der Personen und deren Macht zu beobachten, zu kritisieren und den Souverän zu informieren, wenn irgendetwas krumm läuft bei den anderen Gewalten, wenn etwas faul ist, damit er agieren oder reagieren kann. Auch diese Funktion wird mit grossem Erfolg immer wieder ausgetrickst. In totalitären Staaten sind die Medien zwingend und regelmässig in der Hand des Staates und können damit den Staat und dessen Akteure gar nicht kritisieren. Die Tatsache, dass dies in allen Diktaturen der Fall ist, zeigt, ein wie grosses Gewicht den Medien für die Machtkontrolle zugeschrieben wird, auch und gerade von denen, die diese Kontrolle fürchten wie der Teufel das Weihwasser. In immer mehr zu Pseudo-Demokratien degenerierenden Staaten wie der Schweiz und Deutschland kauft der Staat die Medien, verspricht ihnen finanzielle Vorteile, wenn sie unkritisch bzw. stramm regierungstreu berichten und kritische Stimmen unterdrücken, marginalisieren oder – ein brillantes Mittel – als bemitleidenswerte Dummerchen hinstellen. Dies führte und führt zu der fast flächendeckenden Unisono-Haltung der Mainstreammedien in Deutschland und der Schweiz bei den aufgeplusterten ‘Notrechts-Themen’ der letzten Zeit wie Corona, Klima, Neutralität bzw. Ukrainekrieg.

Die Problematik der Gewaltenkontrolle und der Vermeidung von Machtkonzentration besteht aber nicht nur auf der Makroebene der ‘grossen Politik’, sondern genauso auf den Mikroebenen der Familien, der Vereine, Korporationen und den in der Schweiz besonders bedeutenden KMU und all ihren teils ganz winzigen und doch wichtigen Kommunikationsorganen. Das schweizerische Vereinsrecht bildet die politische Struktur der direkten Demokratie versuchsweise nach, indem es den Souverän, die Mitgliederversammlung klar zum obersten Organ erklärt, und den Vorstand, die Exekutive, in die von den Mitgliedern erlassenen Regeln, die Statuten einbindet. Nach Ausweitung ihrer Macht trachtende Vereinspräsidenten nutzen die häufig zu beobachtende Trägheit der Mitglieder aus und servieren ihnen schön aufbereitet ihre Konzepte, die dann von den oft wenig aktiv interessierten Mitgliedern nur noch abgenickt werden müssen. Wird doch einmal Kritik laut, verweisen Vereinspräsidenten oder andere Vorstandsmitglieder gern auf ihren Fleiss als ehrenamtlich tätige, also unbezahlte Guttäter, die man doch nicht noch kritisieren dürfe, wenn mal etwas nicht ganz regelkonform ablaufe. Diese Ausrede hat sehr oft Erfolg, zumindest solange es nicht gerade um Leben und Tod oder die Totalpleite des Vereins geht. Dass Ehrenamtlichkeit die Ansprüche an die Qualität einer Tätigkeit nicht senken darf, wird vielleicht erst klar beim Beispiel des Milizoffiziers, der sein Bataillon wegen mangelnder Führungsqualitäten in den Tod führt und anschliessend die Ausrede bringt, er mache seinen Job ja nur ehrenamtlich, denn der Sold ist wirklich vernachlässigbar gering. Dass man etwas unbezahlt tut, rechtfertigt m.E. in keiner Weise, es mangelhaft oder gar schlecht zu tun. Das gilt genauso auch im Sport, insbesondere im Pferdesport, wo ein hochentwickeltes Lebewesen unter dem Gewicht und dem mangelnden Können des Amateurs, dieses armen, unbezahlten ‘ehrenamtlich Reitenden’ grochst und oft massiv Schaden nimmt.

Fazit: Machtteilung und Machtkontrolle ist richtig und wichtig, auch wenn es dabei für die Machthaber oft unangenehm und anstrengend wird. Im Schweizer Medienbereich halte ich ‘Inside Paradeplatz’ für das plakativste Beispiel für die gnadenlose Kritik, die vor keinem noch so milliardenschweren ‘Boss’ und keiner noch so grossen Bude zurückschreckt. Zugegeben, das Medium tut dies oft sehr giftig und in boulevardeskem Stil, aber in der Sache durchaus legitim. Auch die Weltwoche und der Nebelspalter lassen sich von der Politik nicht kaufen und schauen allen – witzigerweise immer auch sich selbst – auf die Finger.

Menschen, die es nicht gewohnt sind, diese abstrakten Zusammenhänge der Machtkontrolle und Gewaltentrennung zu sehen, die nicht erkennen wollen oder können, dass es nicht um die Kritik an Personen, sondern immer nur um Kritik an deren Machtanmassung geht, missverstehen Kritik meist als persönlichen Angriff und reagieren beleidigt, wo sie sich doch eine derart grosse Mühe geben und einen so grossen Einsatz leisten. Wer nicht über diesen Status hinauskommt und seine Person nicht von der Ausübung einer Funktion trennen kann, sollte m.E. keine solchen Jobs ausüben, wenn er gesund bleiben will.

 

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2 Comments

  1. Avatar marpa

    Ute

    Machtteilung, natürlich, eigentlich wollte ich keinen Kommentar schreiben, denn ich kann nur zustimmen.
    Einen Aspekt möchte ich ergänzen.
    Die Macht über sich selbst.
    Wenn es im Namen der Machtkontrolle bei Diskussionen oder Disputen zu Zerstörung des Gegenübers kommt oder kommen soll.
    Dann ist es ein Pseudoargument Missstände und Machtanhäufung aufzeigen zu wollen.
    Das Ziel ist dann nur die eigene Macht zu demonstrieren.
    Ich bin überlegen.
    Das Nachschieben der Bemerkung ,das Gegenüber sei nicht fähig Kritik an seiner übermäßigen Machtfülle anzunehmen ist dann auch ein Mittel um die eigene Macht zu demonstrieren.
    Um ungesunde Machtfülle aufzuzeigen,bedarf es der Macht über sich selbst.
    Sonst werden die Argumente nicht mehr gehört egal wie richtig sie sein mögen oder auch sind.
    Denn sie werden nur unter dem Aspekt betrachtet unter dem sie angebracht wurden.
    Zu zeigen, der Absender ist überlegen.Der Inhalt bleibt unbeachtet.
    Es ist sinnvoll Argumente gegen Machtfülle mit der Macht über seine eigenen Argumente zu formulieren. Sonst bleibt man ungehört.

  2. Avatar marpa

    Danke Ute, aber das sehe ich anders. Die Wirkung menschlichen Denkens, Sprechens, Schreibens und Handelns auf andere Entitäten ist nur bei physischer Gewalt – einigermassen, cum grano salis – voraussehbar. Alles andere liegt beim Rezipienten. Die Absicht, das Gegenüber mit Kritik an dessen Machtausübung ‚zu zerstören‘, kann bei einem starken Gegenüber völlig in die Hosen gehen. Umgekehrt kann Kritik an Machtausübung bei völliger Abwesenheit jeglicher zerstörerischer Absicht bei schwachem Gegenüber subjektiv genau dies bewirken. Es ist die alte Einsicht aufgrund des Charlie Hebdo-Falls: Beleidigt sein ist freiwillig, erschossen sein nicht. Die durchaus modisch-zeitgeistige Vorstellung, man müsse bei der Formulierung von Kritik jederzeit auf den schwächsten, sensibelsten, zartestbesaiteten Rezipienten Rücksicht nehmen, macht letztlich jegliche Debatte und jegliche Kritik unmöglich. Es findet sich immer ein hypersensibles Weselein, das nur schon unter dem Sonnenschein oder dem Regen tiefste Seelenqualen verspürt. Hübschestes Beispiel ist der Fall der zarten non-binären deutschen Entität, die zutiefst zu leiden vorgab, weil sie beim Lösen eines Tickets der Deutschen Bahn sich hätte entscheiden müssen, Frau oder Mann anzukreuzen, wo doch gerade das offenbar ihr aktuell grösstes, leidvolles Problem ist. Die Deutsche Bahn verlor den Prozess und muss jetzt das ganze Ticketsystem für eine gute Viertelmillion Euro ändern – aus Rücksicht auf dieses zartleidende Geschöpf. Das halte ich für hochgradig lächerlich. Ein gutes Bildungssystem in einem gesunden Rechtsstaat lehrt die Heranwachsenden und fordert von den Erwachsenen, mit der riesigen Palette an unterschiedlichen Meinungen, Sichtweisen und Lebensentwürfen umzugehen, Andersartigkeit und als ablehnenswert taxierte Meinungen zu dulden und die Grenze sowohl der eigenen wie der fremden Machtausübung bei Zwang und Gewalt zu ziehen. Denn äusserer Zwang und physische Gewalt sind messbar, beweisbar und damit justiziabel. Emotionen, Befindlichkeiten, eingebildetes oder tatsächliches psychisches Leiden sind es nicht.

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