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Endlich haut mich der woke Geist vom hohen Ross!

Nun habe auch ich mein Herz dem neuen Geist geöffnet. Es ist wie eine Bekehrung. Ich wollte endlich auch zu den wahrhaft Guten gehören und wandelte mich vom fanatischen A. Saulus, dem misstrauisch-skeptisch-konservativ-ewiggestrigen Haudegen meiner kleinen, individuellen Freiheit, in den fanatischen A. Paulus, einen für die Bedürfnisse des Weltkollektivs offenen, frohgemut-optimistisch-anschmiegsamen, anpassungsfähigen und doch überaus engagierten Mitträger des planetenweiten Zeitgeistes der von Mitgefühl für alle und alles durchtränkten Retter von Mutter Erde, die das ferne Ziel vollkommener Harmonie und ewigen Friedens nicht aus den Augen verlieren, die stets das Gute wollen und sich nicht beirren lassen, wenn der Weg zum grossen Ziel auch vermeintlich Böses schafft und für viele herben Verzicht, tiefen Schmerz und zu frühen Tod bedeuten kann.

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Jaaa, ich bin weichen und offenen Herzens, bin bereit, auf alles zu verzichten und Leid nicht nur zu erdulden, sondern auch zuzufügen, wo es das Ziel erfordert. Ich habe mich losgesagt von allen kalten Egoisten, die nicht über ihre angesichts der taumelnden Welt geradezu lächerlich unwesentlichen ‚Freiheiten‘ hinausfühlen, bin ohne mein früheres Netz verfilzter Libertärer heute eine Waise und bitte die Weisen, die Lenker des Weltrads geradezu darum:

Uns Deutschen liegt das irgendwie im Blut

Verbietet uns endlich etwas!– Nein, verbietet uns allen Alles! Alles, was irgendwo die Harmonie des Kosmos stören, den ewigen Frieden beeinträchtigen könnte. Wir verzichten auf alles und nehmen Schmerz, Leid und Tod gerne in Kauf.

Aber bevor wir uns freudig opfern, wollen wir helfen, die anderen, die Uneinsichtigen, den Planeten mit Füssen Tretenden, all die Ungeimpften, Unwoken, die Meckerer, Klimaleugner, die noch nicht zu Cancelling und Verzicht Bereiten, die Zurückgebliebenen, die politisch Unkorrekten, Nichtgendernden, Transphoben, die systemischen Rassisten, die ‚people-of-no-color‘, alle rechts von ganz links, letztlich alle Entarteten, alles unwerte Leben auf den richtigen Weg zu bringen. Vielleicht mit wenig Aussicht auf Erfolg. Aber gerade deshalb mit allen Mitteln. Um der Welt willen. Sollten sie sich weiterhin uneinsichtig zeigen und entartet gebärden, müssen wir sie davon abhalten, unsere Kinder zu verderben, das Volk zu manipulieren und uns vom Ziel abzubringen. Wir dürfen ihnen keine Macht, keine Plattform, keine Medien, keine Jobs, keine Akzeptanz geben in unserer Gemeinschaft der Weltoffenen. Um der Welt willen.

Das Einrichten von Lagern müssen wir ja nicht neu erfinden…

Wenn es sein muss, müssen wir sie in Lagern fernhalten vom Kollektiv der Guten, der Richtigen. Und in Härtefällen müssen wir uns ganz von ihnen trennen. Es muss nicht Zyklon B sein (gut, wenn sich noch Vorräte finden, dann wieso nicht, aber das blöde CO2 im Rauch…). Kälte bietet sich im kommenden Winter gratis an. Erfrieren soll ein schöner Tod sein. Aber bei aller Empathie: wir können da einfach nicht zurück mit der Energiewende. um der Welt willen. Und wenn denn schon Leute erfrieren sollen, dann doch die richtigen; also die falschen; die, die uns richtig Richtigen im Weg stehen.

Wo er Recht hat, hat er Recht

Hunger hilft auch als Lösung. Grosse Weltenlenker wie Pol Pot, Stalin, Mao haben das exemplarisch durchgespielt. Pol Pot war seiner Zeit voraus: Bereits 1976 wurde den Menschen in Kambodscha die Essenszubereitung in Privathaushalten verboten und sie dazu verpflichtet, ihre Mahlzeiten in Gemeinschaftskantinen einzunehmen. Richtig. Und wir schreiben immer noch brav Brieflein an die Eltern, damit sie nichts Falsches in die Znünitäschlis stopfen! Man muss, wie ein germanischer Schreiberling-Genosse in der segensreichen Pandemiezeit schrieb, einfach mal ‘etwas mehr Diktatur wagen!’

Das Schöne an Kälte und Hunger als Befreiungsmethoden ist, dass man gar nichts dazu tun muss. Nur weglassen. Irgendwie recht sauber, verglichen mit all dem umweltbelastenden Gebombe und Geschiesse oder der Sauerei mit den Guillotinen und der vom IS bevorzugten Kehlendurchschneiderei. Aber – hélas! – am Schluss muss es ja einfach getan werden.

Die Begründung ist allerdings viel einfacher geworden. Früher laberten alle Möchtegern-Grossherrscher schwurblig von der ‚nationalen Sicherheit‘, von der Erhaltung der ‚reinen Rasse‘ oder ‚Ethnie‘, der unverfälschten ‚Kultur‘, der ‚Gemeinschaft der wahren Gläubigen‘, wenn sie die Entsorgung der Störenden für das gemeine Volk zu legitimieren versuchten. Heute reicht: um der Welt willen.

He, wir tun das nicht leichthin! Es bereitet uns auch Schmerzen, auf so viele verzichten zu müssen. Aber nach der Säuberung und Rettung des Planeten werdet ihr es verstehen. Also zumindest die, die dann noch da sind. Es wird weltweit Frieden und Einigkeit herrschen. Das Zeitalter der Meinungsstreitereien, der Konflikte, der Kriege wird überwunden sein. Alle Verbliebenen werden richtig leben. Richtig, solidarisch und alle gleich essen, arbeiten, sich fortpflanzen, fühlen. Richtig, solidarisch und alle gleich lernen. Das Gleiche. Das Richtige. Wir werden richtig und solidarisch und alle gleich glücklich sein. Es wird schön. Lasst uns loslegen.

Um der Welt willen.

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